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Grundlagen der Pädagogik/Didaktik

Rollen eines Mediziners / NKLM

Durch die grundlegende Änderung der ÄAppO aus dem Jahr 2002 ist neben der Vermittlung des theoretischen Wissens ein Schwerpunkt auf praxisorientierte Lehre gelegt worden. Inzwischen besteht international Einigkeit darüber, dass in der ärztlichen Tätigkeit neben einem fundierten Wissen und der Beherrschung von klinischen Fertigkeiten zusätzliche Rollen oder Kompetenzen ‑ wie z.B. die Fähigkeit, einfühlsam und gezielt Gespräche zu führen oder in einem interprofessionellen Team zu arbeiten ‑ notwendig sind.

Angelehnt an das kanadische Modell wurde für die Medizinische Ausbildung in Deutschland der NKLM (Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin) erstellt. Ziel ist ein am Berufsbild des fertig ausgebildeten Arztes orientierter Katalog, der konsentierte Lernziele beinhaltet.

Der NKLM beschreibt in seinen Einleitungskapiteln die verschiedenen Kompetenzen oder Rollen, die ein Arzt auszufüllen hat. Neben der zentral wichtigen Rolle des Medizinischen Experten, die alle anderen Rollen integriert, um für einen Patienten die richtige Diagnose zu stellen und die richtige Behandlung einzuleiten, gehören folgende Rollen zur ärztlichen Tätigkeit:

  • Gelehrter und Lehrer: Arbeit auf Basis wissenschaftlicher Evidenzen, Fähigkeit zum selbstständigen Erforschen und Unterrichten sowie die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen
  • Kommunikator: Kommunizieren mit Patienten, Angehörigen und Kollegen
  • Mitglied eines Teams: Arbeiten im Team zum Wohle des Patienten mit Kollegen, Pflegenden, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern
  • Gesundheitsberater und -fürsprecher: Einsatz für die Prävention und die gesundheitlichen Belange der Patienten
  • Verantwortungsträger und Manager: Kenntnisse der Gesundheits- und Krankenversorgung und Berücksichtigung gesundheitsökonomischer Auswirkungen ärztlichen Handelns
  • Professionell Handelnder: Professionelles Handeln, d.h. die eigene Arbeit unter fachlichen und ethischen Aspekten kritisch zu reflektieren

Umfragen bei Ärzten zeigen: Die Rollen finden sich in der ärztlichen Berufspraxis wieder. Vieles wurde bereits früher „implizit“ vermittelt, also ohne dass es besonders hervorgehoben wurde. Neu ist, die Rollen mit einzelnen Kompetenzen und Teilkompetenzen explizit zu beschreiben und ihnen konkrete Lernziele zuzuweisen.

Kompetenzen – Definition

Die angesprochenen Rollen des Arztes können auch als "Kompetenzen" aufgefasst werden. Da der Begriff "Kompetenz" sehr unterschiedlich verstanden wird, seien hier die Definitionen aus der Pädagogik und Medizin aufgeführt, auf die sich alle Angaben zu Kompetenzen in diesem Manual beziehen.

Die pädagogischen Definitionen von Weinert und Klieme sind die geläufigsten:

"Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können" (Weinert, 2001).

"Individuelle Kompetenz umfasst netzartig zusammenwirkende Facetten wie Wissen, Fähigkeit, Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation. Sie wird verstanden als Disposition, die eine Person befähigt, konkrete Anforderungssituationen eines bestimmten Typs zu bewältigen und äußert sich in der Performanz, also der tatsächlichen Leistung" (Klieme 2006).

Epstein und Hundred definieren den Begriff "professionelle Kompetenz" im medizinischen Kontext wie folgt:

"Building on prior definitions […], we propose that professional competence is the habitual and judicious use of communication, knowledge, technical skills, clinical reasoning, emotions, values, and reflection in daily practice for the benefit of the individual and community being served. Competence builds on a foundation of basic clinical skills, scientific knowledge, and moral development." (Epstein & Hundred 2002)

Literatur/Quellen

Lernziele

Für eine erfolgreiche Ausbildung im PJ sollte der PJ-Betreuer zusammen mit dem PJ-Studierenden zu Beginn eines Ausbildungsabschnitts die zu erreichenden Lernziele besprechen. Hier leistet das Logbuch eine wichtige Hilfestellung, da dort die anvisierten Lernziele formuliert sind. Sie geben eine klare Aufgabenstellung für den Ausbildungsabschnitt vor.

Was sind Lernziele?
Ein Lernziel bzw. dessen Formulierung hilft den Beteiligten bei der Präzisierung einer Aufgabenstellung.

Beispiele für Lernziele sind:

  • Der Studierende kann die Schritte beim Legen eines ZVK in der richtigen zeitlichen Reihenfolge nennen.
  • Der Studierende kann die Untersuchungsschritte bei der körperlichen Untersuchung eines Patienten selbstständig durchführen.
  • Der Studierende kann eine Pleurapunktion durchführenund dabei die Indikationen und mögliche Komplikationen dieser Prozedur erläutern.

In Bezug auf die Lernziele gibt es unterschiedliche "Schwierigkeitsgrade" bzw. Kompetenzstufen, die erreicht werden sollen. Im vorläufigen Entwurf des NKLM (Stand Mai 2013) wird dazu Folgendes ausgeführt:

  1. Faktenwissen: Deskriptives Wissen (Fakten, Tatsachen) nennen und beschreiben.
  2. Handlungs- und Begründungswissen: Sachverhalte (Zusammenhänge) erklären und in den klinisch‐wissenschaftlichen Kontext einordnen.
  3. Handlungskompetenz:
    • 3a Unter Anleitung selbst durchführen und demonstrieren.
    • 3b selbständig und situationsadäquat in Kenntnis der Konsequenzen durchführen."

(NKLM-Entwurf 2013)

Damit die Studierenden die vom Lehrenden anvisierten Lernziele erreichen können, müssen sie zum einen wissen, wassie erreichen sollen, um entsprechend zu lernen oder zu üben, und zum anderen muss der Lehrende die Lehre auf diese Ziele ausrichten.

Übertragen auf Ihre Aufgabe als PJ-Betreuer bzw. PJ-Verantwortlicher hieße das: Sie unterstützen den PJ-Studierenden beim Erreichen der Lernziele, indem Sie ihn entsprechend anleiten und ihm ermöglichen, z.B. bei Operationen zu assistieren, Patienten vorzustellen etc.

Literatur/Quellen